Heißes Tiefenwasser für klimafreundliche Wärme
Drei Spezialfahrzeuge – sogenannte Vibro-Trucks – sind seit Anfang Oktober in der Region unterwegs. Gestartet sind die 21-Tonner in Schwalmtal im Kreis Viersen, von wo sie sich mit einer „Geschwindigkeit“ von einem halben Kilometer pro Stunde weiterbewegen. Sie untersuchen den Untergrund in der Region, um wasserführende Gesteinsschichten in der Tiefe zu finden.
Enthalten diese Schichten ausreichend heißes Tiefenwasser, kann es an die Oberfläche gefördert werden, um beispielsweise Fernwärmenetze mit klimafreundlicher, regenerativer Energie zu versorgen. Bislang ist der geologische Aufbau des tiefen und mitteltiefen Untergrundes in der Region jedoch nicht bekannt genug, um geothermische Projekte zu starten.
Vibrationsseismik – ein Ultraschallbild von Mutter Erde
Um den Untergrund zu erkunden, erzeugen die Vibro-Trucks mithilfe von Vibrationen Schallwellen, die an den Grenzen der verschiedenen Gesteinsarten reflektiert werden – ähnlich einer Ultraschalluntersuchung. Bohrungen oder andere Eingriffe in den Boden sind bei dieser schonenden Untersuchungsmethode nicht notwendig.
Drei Vibro-Trucks fahren in einem Konvoi entlang der vorab festgelegten Messstrecke. Alle 40 Meter halten sie an und schicken über eine hydraulisch absenkbare Rüttelplatte am Boden der Fahrzeuge für eine bis drei Minuten Vibrationen in den Untergrund. Diese werden von den Gesteinsschichten in mehreren Kilometern Tiefe reflektiert und von sogenannten Geophonen (ähnlich Mikrophonen) an der Erdoberfläche wieder empfangen. Aus den so gewonnenen Daten erstellt der GD NRW anschließend ein detailliertes Bild des Untergrundes.
Der GD NRW führt die Untersuchungen im Rahmen der staatlich geologischen Landesaufnahme durch. Die Ergebnisse stellt der GD NRW digital zur Verfügung, sodass Kommunen und Unternehmen in der Region für eigene Projekte darauf aufbauen können.
Drei Messlinien im Projektgebiet
Mit den Messungen ist die Firma DMT GmbH & Co. KG aus Essen beauftragt. Im Vorfeld hat sie entlang der geplanten Messkorridore Straßen und Wege untersucht, Denkmalschutz und den Verlauf von Leitungen abgeklärt. Auch eine Artenschutzprüfung wurde durchgeführt.
Die gesamte Messstrecke teilt sich in drei Messabschnitte auf: Die Linie „Rheinland 1“ reicht von Schwalmtal über Viersen, Tönisvorst und Krefeld bis zum Elfrather See. „Rheinland 2“ kreuzt die Linie „Rheinland 1“ in Traar, verläuft durch Elfrath, Uerdingen, dann rechtsrheinisch vorbei an Mündelheim, Wittlaer und Angermund, bis sie nordöstlich des Düsseldorfer Flughafens endet. „Rheinland 3“ führt von der Messe Düsseldorf nach Norden bis ins Duisburger Stadtzentrum. Insgesamt haben die Messlinien eine Länge von 70 Kilometern.
Durch den langsam fahrenden Messkonvoi kann es zu Verkehrsbehinderungen kommen. Die Vibrationen sind in der Nähe der Fahrzeuge deutlich spür- und hörbar. Der GD NRW bittet um Verständnis für die kurzzeitigen Lärmbelästigungen. Für Gebäude ist die eigens für die Erkundung bebauter Gebiete entwickelte Vibrationsseismik jedoch unschädlich. MitarbeiterInnen des Messtrupps kontrollieren zudem kontinuierlich die Bodenschwingungen.
Webseite und Social Media informieren
Umfangreiche Informationen gibt es auf der aktuellen Projektwebseite seismik.nrw.de. Tagesaktuell wird hier auch die jeweilige Messstrecke veröffentlicht. Hautnah dabei ist man auf Instagram, Facebook und Twitter unter @SeismikNRW.
Bei der hydrothermalen Geothermie wird das natürlich vorkommende Tiefenwasser genutzt, indem es durch eine mehrere tausend Meter tiefe Förderbohrung an die Oberfläche gepumpt wird. Dort gibt das heiße Wasser seine Energie über Wärmetauscher an den Wärmeverbraucher – beispielsweise ein Fernwärmenetz, einen Industriebetrieb oder ein Gewächshaus – ab und wird anschließend wieder in die Tiefe geleitet.
Das Wasser wird vollständig wieder zurückgeführt, es kommt zu keinem Volumenverlust. Auch ein Aufbrechen von Gestein, Stichwort Fracking, ist bei dieser Technologie nicht notwendig. Die Wärme aus der Tiefe steht mit konstanter Temperatur rund um die Uhr bei jeder Witterung zur Verfügung. Ihre Nutzung ist nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich, denn vom Erdkern strömt stetig Wärme nach. Die Geothermie ist klimafreundlich, preisstabil und benötigt oberirdisch nur sehr wenig Fläche. In Deutschland sind aktuell 42 Geothermieanlagen in Betrieb.