Täglich auf Tour
Thorsten Pahl läuft nach Feierabend über den Parkplatz an der Bungertstraße. An all den Autos geht er schnurstracks vorbei. Das hat seinen Grund: Wie viele Deutsche bevorzugt der Mitarbeiter der Stadtwerke Duisburg das Fahrrad, um zur Arbeit zu fahren. Pahl öffnet die Tür zur Fahrradgarage: Dort steht es, sein schwarzes E-Bike mit dem Hinterradmotor und der 27-Gang-Schaltung. Pahl arbeitet seit 1998 für die Stadtwerke. Seitdem pendelt er täglich von seinem Zuhause in Mülheim-Saarn nach Hochfeld und zurück. Elf Kilometer beträgt eine Strecke. „Und wann immer es geht, lege ich die mit dem Fahrrad zurück“, sagt Pahl. Der 51-Jährige nennt drei Gründe, warum er das Auto morgens stehen lässt. „Als Radfahrer schone ich die Umwelt, halte mich fit und spare etwas Geld“, betont Pahl. Regen stört ihn nicht. Gegen Wind von vorne strampelt er an. Und sollten die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, schlüpft Pahl in wärmende Klamotten.
Streckenrekord bei 27:35 Minuten
„Wenn es eine Unwetterwarnung gibt, fahre ich natürlich mit dem Auto zur Arbeit“, sagt er. Als der Sachgebietsleiter für Instandhaltung Elektro-/Leittechnik der Kraft- und Heizwerke der Stadtwerke aus der Garage fährt, scheint aber die Sonne. Sein Streckenrekord für die elf Kilometer liegt bei 27 Minuten und 35 Sekunden. Da Pahl aber diesmal Begleiter hat und für Fotos anhalten muss, dauert es länger. Sein Nachhauseweg führt ihn zunächst über die Heerstraße. Die Gerüche von Benzin und Shishatabak liegen in der Luft. Pahl nimmt sie intensiv wahr, da er an mehreren Ampeln warten muss.
Bekannter im Böninger Park
Erst im Böninger Park kann der Stadtwerke-Mitarbeiter Fahrt aufnehmen. Einmal muss er die Hand vom Lenker nehmen, um einem Mann auf einer Parkbank zuzuwinken. „Der sitzt hier jeden Tag“, erzählt Pahl. „Er grüßt mich immer, wenn ich an ihm vorbeifahre.“ Einmal rief ihm der Mann hinterher, wo denn sein Helm sei. „Den hatte ich tatsächlich vergessen mir aufzusetzen“, sagt Pahl. In der Regel ist er aber mit Helm unterwegs – um bei einem Sturz seinen Kopf vor Verletzungen zu schützen. Bis dato hat der Diplom-Ingenieur auf seinem Arbeitsweg noch keine Blessuren erlitten. „Von einem Plattfuß bin ich auch verschont geblieben“, sagt er.
"Solche Kommentare geben häufig Leute ab, die gar kein Fahrrad fahren.“
Weiter geht es durch Neudorf in Richtung Autobahnbrücke. Vor Pahl liegt ein kleiner Anstieg. Er setzt hier schon mal auf technische Hilfe – dem E-Bike sei Dank. Ein Arbeitskollege hatte ihm einst von seinem Modell vorgeschwärmt. Pahl machte eine Probefahrt und war auf Anhieb begeistert. „Da hatte man nach gefühlten sechs Tritten in die Pedale schon mehr als 30 Stun-denkilometer auf dem Tacho“, sagt er.
Sprüche fürs E-Bike kassiert
Pahl schaffte sich also selber ein E-Bike an und kassierte dafür auch Sprüche. Das sei doch nur was für alte Männer, musste er sich anhören. „Solche Kommentare geben häufig Leute ab, die gar kein Fahrrad fahren“, sagt Pahl. Außerdem geht’s bei ihm auch ohne Hilfsmotor. Pahl besitzt noch ein Trekkingrad und ein Rennrad.
Start beim Dreiländergiro
Er nimmt auch an Wettbewerben teil. So startete Pahl bereits beim Dreiländergiro. Dieses Breitensport-Radrennen führt durch Österreich, Italien und die Schweiz, mehr als 3.000 Höhenmeter müssen die Starter überwinden. Für 2020 hatte sich Pahl dann für die Ruhr2Northsea-Challenge angemeldet. Von Duisburg aus wollte er gemeinsam mit Freunden und Arbeitskollegen 300 Kilometer fahren – hinauf bis zum Nordseeort Bensersiel. Doch wegen der Corona-Pandemie kam es zu einer Absage. „Dann holen wir das halt im nächsten Jahr nach“, sagt Pahl. Ein Stadtwerke-Team will die Herausforderung nun 2021 annehmen.
Mittlerweile durchquert Pahl den Duisburger Wald. Während die Fichten an ihm vorbeirauschen, kommen die Erinnerungen hoch. „Hier habe ich schon einiges erlebt“, sagt Pahl. Er denkt an die Hühnereier, die er auf der Arbeit gekauft hatte und in einem Aktenkoffer nach Hause transpor-tieren wollte. Auf holpriger Strecke nahm die Ware einen leichten Schaden. Pahl führte im Wald auch schon lebhafte Diskussionen mit Hundebesitzern, die ihre Tiere im Naturschutzgebiet von der Leine ließen.
Weihnachtsbaum auf zwei Rädern
Diesmal gibt es keinen Ärger. Dafür trifft Pahl einen weiteren Bekannten. Wieder grüßt er routiniert. „Den erkenne ich sogar, wenn es stockdunkel ist“, sagt Pahl. „Mit seiner Beleuchtung fällt er richtig auf, der fährt eine Art Weihnachtsbaum auf zwei Rädern.“ Es geht nun weiter auf Mülheimer Stadtgebiet. Der Waldweg hat einen langen Anstieg parat. Wer hier mit einem älteren Hollandrad unterwegs ist, sehnt sich nach einem E-Bike. Auf der Kuppe ruft Pahl seinen Begleitern zu: „Jetzt geht es größtenteils bergab.“ Kurz vor dem Ziel muss der Vater von zwei Töchtern allerdings nochmal strampeln. Sein Haus in Saarn liegt an einer kleinen Steigung. Doch für Pahl ist der Schlussspurt kein Problem. Er steigt vom Fahrrad und schaut auf sein Tachometer. 23.830 Kilometer zeigt das Display an. So viel ist Pahl seit seinem Kauf vor sie-en Jahren gefahren. „Aber nur mit dem E-Bike“, betont er. Wenn Pahl die Fahrleistung des Rennrads und des Trekkingbikes dazurechnet, kommen mehr als 50.000 Kilometer zusammen. Die Erde hat er schon längst umrundet.
Duisburg Feierabendrunde Ost
mittelschwere Tour
Distanz 56,6 km
Dauer ca. 2:55 h
bergauf 480 m
bergab 480 m