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Über zehn Hürden zu Olympia

Die Sonne brennt auf die Fritz-Jacobi-Sportanlage in Leverkusen. Diskuswerfer schleudern ihre Scheiben aus dem Ring. Langstreckenläufer drehen ihre Runden im Leichtathletik-Stadion. Vor der Tribüne stehen vier Hürden auf der Tartanbahn. Tim Eikermann bereitet sich auf seinen nächsten Trainingslauf vor. Der 24-Jährige hat bei den hohen Temperaturen auf ein Trikot verzichtet. Die Muskulatur seines Oberkörpers zeugt von vielen Stunden im Kraftraum.

Hürdensprinter Tim Eikermann braucht für seinen Sport den richtigen Rhythmus.

Rhythmus finden

Trainer Frank Barschat gibt Eikermann das Startzeichen. Der Leichtathlet drückt die Spikes seiner Schuhe in die Tartanbahn, nimmt Tempo auf und fliegt dann im Vollsprint über die Hürden. „Klasse, Tim, der Rhythmus hat gepasst“, ruft Barschat ihm zu. Eikermann dreht wieder um, geht zurück zum Startpunkt – und macht seinen nächsten Lauf.

Eine halbe Stunde später ist die Einheit vorbei. „Ich fühle mich echt gut“, sagt Eikermann, während er sein rotes Trainingsshirt überzieht. Da seine Form stimmt, hatte sich der gebürtige Duisburger im Frühjahr ein großes Ziel: Am 26. Juli beginnen in Paris die Olympischen Sommerspiele. Und Tim Eikermann wollte dabei sein – im Wettkampf über 110 Meter Hürden.

Die Karriere des Großenbaumers begann bei Eintracht Duisburg. „Ich habe als Kind alle Disziplinen in der Leichtathletik ausprobiert“, sagt der ehemalige Schüler des Steinbart-Gymnasiums. Bis zu seinem 18. Lebensjahr nahm Eikermann auch noch im Kugelstoßen und Weitsprung an Wettkämpfen teil. Doch der Hürdensprint entwickelte sich zu seiner Parade-Disziplin.  

„Ich habe mich schließlich entschieden, es mit dem Leistungssport zu versuchen“, erzählt Eikermann.  Er sprach mit seiner Trainerin Frederike Koleiski von seinen Plänen. Die stellte einen Kontakt her zum TSV Bayer 04 Leverkusen – dem Vorzeige-Klub der deutschen Leichtathletik. Nach einem Probetraining folgte Tim Eikermanns Wechsel vom Ruhrgebiet ins Rheinland. Und der zahlte sich aus.

„Ich habe mich vor den Rennen zu sehr unter Druck gesetzt und war dadurch blockiert.“

Tim Eikermann

Eikermann gehört zur nationalen Spitzenklasse im Hürdensprint: Zweimal gewann er die Deutsche Meisterschaft in der Halle. Und bei den Freiluft-Titelkämpfen stehen zwei Silbermedaillen in seiner Bilanz.

Tim Eikermann trainiert auch schon mal mit freiem Oberkörper.

Rückschlag und Comeback

Doch der Duisburger erlebte in seiner Karriere auch schon herbe Rückschläge. 2021 hatte er sich bereits für die U23-Europameisterschaft in der estnischen Hauptstadt Tallinn qualifiziert. „Die Koffer waren gepackt, ich hätte mehr oder weniger nur noch in den Flieger steigen müssen, doch dann habe ich mir im letzten Training vor der Abreise einen Adduktorenriss zugezogen“, erzählt Eikermann. Er musste lange pausieren – und kämpfte sich zurück. 2022 lief er persönliche Bestzeit und stellte einen neuen Vereinsrekord auf.

Im darauffolgenden Jahr durchlebte Eikermann eine sportliche Krise. „Ich habe mich vor den Rennen zu sehr unter Druck gesetzt und war dadurch blockiert“, sagt er. Eikermann verlor daraufhin auch seinen Platz im Perspektivkader des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Das hatte für ihn auch finanzielle Folgen. Die Förderung durch die Deutsche Sporthilfe lief aus. „Da habe ich mir schon Gedanken gemacht, ob es das noch wert ist“, sagt Eikermann.

Er besprach sich mit seiner Familie, seinen Freunden und seinen Teamkameraden. Eikermann kam zu dem Entschluss, im Olympia-Jahr wieder voll anzugreifen. „Ich bin mit dem Ansatz in die Saison gegangen, wieder mehr Spaß an meinem Sport zu haben“, berichtet er. Diese Einstellung brachte ihn weiter: Eikermann zeigte gute Leistungen in der Halle – und startete erfolgreich in die Freiluft-Saison.

Viel trinken gehört zum Training dazu ...
... ebenso wie Gespräche mit Trainer Frank Barschat.

Bei der EM bis ins Halbfinale

Der Duisburger gehört zu den großen deutschen Hoffnungen im Hürdensprint. Im Juni nahm Eikermann erstmals an den Freiluft-Europameisterschaften teil, kam sogar bei ins Halbfinale. Es war auch das Ergebnis harter Trainingsarbeit. Bis zu acht Einheiten stehen auf Eikermanns Wochenplan. Es geht auch darum, den richtigen Rhythmus für die Wettkämpfe zu finden. „Wir haben zehn Hürden, der Abstand dazwischen ist immer gleich. Und darauf muss ich meinen Lauf ausrichten“, sagt Eikermann.

Er startet häufig direkt vom Hörsaal zum Trainingsgelände. Eikermann studiert in Köln Sport und Geschichte auf Lehramt. „Ich muss ja auch schon an die Zeit nach meiner Karriere denken. Und außerdem ist das Studium ein guter Ausgleich zum Sport“, sagt der Wahl-Leverkusener.

Wenn Eikermann zu Besuch in seiner Heimatstadt ist, schiebt er auch mal eine Trainingseinheit bei Eintracht Duisburg ein. „Der Kontakt zu meinem alten Verein ist nie abgebrochen“, sagt der Sportler.

Eikermann weiß, wo er herkommt. Und er hat einen genauen Plan davon, wo er hinmöchte: zu den Olympischen Spielen. Im Juli hatte er Gewissheit. Sein Platz in der Weltrangliste reichte nicht ganz für einen Start in Paris. Bei Eikermann herrscht deshalb aber kein Frust. Im Gegenteil. 2028 möchte er noch mal einen Anlauf nehmen. Dann findet das Fünf-Ringe-Spektakel in Los Angeles statt. „In vier Jahren sollte ich leistungsmäßig auf meinem Höhepunkt sein“, sagt Eikermann und schiebt hinterher: „Meine Geschichte fängt jetzt erst richtig an.“

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