Zum Artikel
Zum Gewinnspiel
Zur Artikelinfo
Zur Mediengalerie
Diesen Artikel teilen

Mit der gemischten Tüte ins Grüne

Ein musikalischer Kioskbesitzer, Mammutbäume und Wildschweine – die Tour durch Neudorf und Duissern verbindet Trinkhallenkultur mit Naturerlebnissen

Vor der „Trinkhalle Duissern“ stehen zwei Bauarbeiter in orangefarbenen Latzhosen. Sie machen gerade eine Pause und reden bei einem Kaffee über ihre Wochenendpläne. Yusuf Caner kommt aus dem Laden heraus und stellt sich zu seinen Stammkunden. Der 58-Jährige kam 1984 aus der Türkei nach Deutschland – und übernahm später den Kiosk an der Duissernstraße „Ich arbeite aber auch noch als Musiklehrer“, erzählt Caner. Seine Leidenschaft gilt der Baglama. Bevor jemand eine Nachfrage zu dem Instrument stellen kann, ist Caner schon verschwunden. Eine Minute später steht er wieder draußen – und spielt. Wenn Caner die Langhalslaute zupft, sorgt er für eine leicht melancholische Stimmung. Seinen Zuhörern gefällt’s dennoch. Sie erhalten zum Kaffee noch ein Gratiskonzert.

Yusuf Canar macht Schüler auch mit der Bağlama vertraut.

Start- und Versorgungspunkt

Besondere Typen wie Caner sind in fast jeder Trinkhalle anzutreffen. Aus diesem Grund beginnt unsere „KILOMETER 780“-Tour durch den Bezirk Stadtmitte auch an solch einem Ort. Angenehmer Nebeneffekt: Wir, das sind Fotograf und Autor, können uns für die zwölf Kilometer Fußweg eindecken. Zwei Wasserflaschen kommen in den Rucksack, dazu etwas Süßes. Kiosk-Mitarbeiterin Nevim Bayraktar verwandelt Lakritz und Colafläschchen in eine gemischte Tüte – und wünscht noch einen schönen Tag.

Vorbei an schmucken Backsteinfassaden und durch enge Straßenzüge geht es dann zum Botanischen Garten Duissern. Am Eingang an der Schweizer Straße erwartet uns bereits Reinhold Adrian. Der 60-Jährige ist Geschäftsbereichsleiter Grünflächen bei den Wirtschaftsbetrieben. Er kennt so ziemlich jeden Rhododendron, jede Zierkirsche und jede Konifere in diesem rund zwei Hektar großem Areal.

 

Die Mercatorstühle und ...
...der Botanische Garten sind Stationen der Tour.

Urlaub vor der eigenen Haustür

Wer mit Adrian eine Runde dreht, erfährt zudem viele Details. „Hier haben die alten Mercatorstühle aus der Innenstadt einen Platz gefunden“, sagt er. Adrian deutet auf die Sitzgelegenheiten unter der Pergola. „Gerade im Sommer sind die sehr begehrt“, erklärt der Duisburger. Dann genießen viele Bürger den Urlaub vor der eigenen Haustür. Sonnen im Mercatorstuhl ist angesagt. Und für den Blick auf exotische Pflanzen muss niemand ins Flugzeug steigen. Im Botanischen Garten stehen mehrere Riesenmammutbäume. Die Giganten stammen eigentlich aus Kalifornien. Rund 30 Meter ragen sie in den Himmel. „Ich kenne die noch, als die nur fünf Meter hoch waren“, sagt Adrian. „Die wachsen unheimlich schnell.“

Fleißige Bienchen

Am Rande des Kaiserbergs begegnen wir einem Imker. Alfred Hein besitzt die Bienenstöcke im Botanischen Garten. Um ihn herum surren die schwarz-gelben Insekten und sammeln eifrig Nektar. „Hier finden sie natürlich genug Blüten“, sagt Hein. Deshalb öffnet der Imker jeden zweiten Sonntag seinen Holzstand und verkauft Honig. Und nebenbei erklärt er den Besuchern, wie das mit den Bienchen und den Blümchen so läuft.

Die Tour geht weiter und hat einen kleinen Anstieg für uns parat. Adrian begleitet uns ein Stück den Kaiserberg hinauf. Er will uns noch etwas zeigen. „Hier am Abhang gab es einst einen Wasserfall mitsamt Grotte“, erzählt Adrian. Anfang des 20. Jahrhundert wurde alles zugeschüttet. Wenn Duisburg 2027 die Internationale Gartenbauausstellung mit veranstaltet, soll das Wasser aber wieder fließen. „Das wäre natürlich ein echtes Highlight“, sagt Adrian, bevor er sich verabschiedet.

Der Soldatenfriedhof auf dem Kaiserberg und ...
... das Wildschweingehege sind weitere Tour-Highlights.

Wir setzen unseren Weg über den Kaiserberg fort, genießen die Aussicht aus 75 Metern Höhe und passieren dann einen alten Soldatenfriedhof. Viele verwitterte Kreuze erinnern hier an die Toten des 1. Weltkriegs. Nun beginnt der Abstieg. Am Zoo kommt es zur Grenzüberschreitung – von Duissern nach Neudorf. Kurzzeitig ist der Lärm der Autobahnen zu hören, doch die Natur ist nur wenige Schritte entfernt. Im Duisburger Stadtwald dominieren Eichen und Buchen. Jogger drehen hier ihre Runden. Eichhörnchen huschen über die Wege. Und am Forsthausweg wartet noch eine echte Attraktion: Im Wildschweingehege suhlen sich die Frischlinge. Ursula Lemmen steht mit Ehemann Günter am Zaun und wirft den Tieren Äpfel und Möhren zu. Die Frau aus Kaßlerfeld stattet den Wildschweinen heute zum ersten Mal einen Besuch ab. „Den Tipp haben uns Verwandte gegeben“, sagt sie. „Es hat sich gelohnt, hierhin zu laufen.“

Latte Macchiato to go

Das Gehege wirkt sehr abgeschieden, dabei ist die Stadt so nah. Eine Station in Neudorf liegt noch auf unserer Route. In dem Stadtteil befindet der Uni-Campus – zudem einige Kneipen und Cafés. 2018 öffnete „Simply Coffee“ hier seine zweite Filiale. In einem ehemaligen Friseursalon am Sternbuschweg fand das Duisburger Start-up ein passendes Lokal. Jonathan Holmans gehört von Anfang an zum Team. „Das hat sich hier zu einem Treffpunkt für Studenten entwickelt“, sagt der 23-Jährige. Der Barista schäumt Milch auf und schüttet zwei Latte Macchiato ein. Mit den Bechern in der Hand nehmen wir die letzte Etappe in Angriff. Es geht wieder zurück nach Duissern, zurück zur Trinkhalle von Yusuf Caner. Die gemischte Tüte ist längst leer. Zeit für Nachschub.

Grüne Tour

Ab durch Duisburg
Art grüne Tour
Dauerca. 2,5 Stunden
FürFamilien geeignet
Kostencirca 6 Euro für Wasser, Süßes und Latte Macchiato
ParkenTrinkhalle Duissern, Duissernstr. 10, 47058 Duisburg
Highlightsbotanischer Garten, Soldatenfriedhof Kaiserberg, 

Fotos und Videos

Weitere Eindrücke unserer Tour ins Grüne gibt es in dieser Fotogalerie. Einfach auf das Bild rechts klicken und genießen!

Beitrag empfehlen

Themenbezogene Beiträge

Weitere Beiträge