Eis, Feuer und Wasser
Vom Bahnhof Rheinhausen bis nach Italien sind es nur 300 Meter. An der Kaiserstraße im Stadtteil Friemersheim liegt das Eiscafé Romeo. Hinter der Theke steht der Besitzer Gianantonio Saviane und verkauft seinen Kunden ein Stück Dolce Vita – das süße Leben im Ruhrgebiet. Der 51-Jährige reicht eine Waffel mit drei Kugeln rüber – Schokolade, Vanille und Stracciatella. „Die Klassiker gehen hier immer gut“, sagt Saviane. Seine Eisdiele weit über Duisburg hinaus bekannt ist. Vater Romeo Saviane machte sich 1968 in Friemersheim selbstständig. Sieben Jahre später gewann der mittlerweile 80-Jährige bei der Internationalen Eismesse in Longarone den Goldpokal für sein Zitroneneis. Gianantonio Saviane setzt noch immer auf das Originalrezept seines Vaters: unbehandelte Zitrusfrüchte aus Sizilien.
Weil ein weltmeisterliches Zitroneneis verlockend klingt, beginnt die kulinarische KILOMETER 780-Fahrradtour um 18 Uhr bei Familie Saviane. Wir sind an diesem sonnigen Nachmittag zu dritt. Fotogeselle Ulli Rickers begleitet Fotograf und Autor. Der 35-Jährige stammt aus der norddeutschen Kleinstadt Twistrigen. Heute möchte er das linksrheinische Duisburg erkunden. Bevor es richtig losgeht, kosten wir aber zunächst das Zitroneneis. Es ist ein Genuss.
„Bei uns ist Eismachen noch Handwerk.“
Wer an der Kugel schleckt und dabei die Augen schließt, wähnt sich auf einer vollbesetzen italienischen Piazza. Die Stimme von Gianantonio Saviane holt einen zurück nach Friemersheim. „Bei uns ist Eismachen noch Handwerk“, erklärt er. Künstliche Zusatzstoffe verabscheut Saviane. Für Experimente ist er allerdings offen: Demnächst möchte der Deutsch-Italiener auch Zitrone-Basilikum, Mojito oder Caipirinha als Eiskugel anbieten. Jetzt geht’s aber weiter mit der Tour. Wir haben uns dafür am Bahnhof ein Leihfahrrad organisiert. App runterladen, Konto freischalten, Zahlencode eingeben – schon kann es losgehen. Die Ausleihe über Metropolradruhr ist kinderleicht.
Idyllische Ruhe am Mühlenbergsee
Von Friemersheim aus geht es nun an den Toeppersee. Auf dem Weg dorthin passieren wir den Stadtteil Rumeln-Kaldenhausen. Von einer Brücke fällt der Blick auf die viel befahrenen Hohenbudberger Straße. Drei Kurven weiter ist vom Lkw-Lärm jedoch nichts mehr zu hören. Der Mühlenbergsee wirkt wie eine Oase der Ruhe. Ulli Rickers steigt eine Treppe hinunter und möchte nun mal wieder Kind sein. Er findet einen flachen Stein, wirft ihn aus der Drehung ins Wasser und zählt die Hüpfer. Außer dem Platsch-Geräusch ist weit und breit nichts zu hören. Nach fünf Hüpfern versinkt der Stein. Nächster Versuch: Jetzt sind es sieben Hüpfer. Ulli Rickers ist zufrieden. Er steigt aufs Rad und bricht auf zum nächsten Gewässer. Das Ziel: das Nordufer des Toeppersees.
Auf dem Weg dorthin wartet ein kurzer und knackiger Anstieg. Wer diesen meistert, kann ausrollen lassen. Die Grünfläche am Toeppersee bietet einen Kontrast zum kleinen Mühlenbergsee. Hier herrscht deutlich mehr Trubel. Ein paar Männer spielen Basketball und hören dazu Songs der Hip-Hop-Ikone Dr. Dre. Eine Familie sonnt sich auf der Liegewiese. Wir haben einen anderen Plan – und feuern den mitgebrachten Grill an. Hier ist das Würstchen brutzeln erlaubt. Die Stadt Duisburg hat den Bereich als Grillfläche ausgewiesen. So ist es möglich, das Abendessen mit einem herrlichen Ausblick aufs Wasser zu kombinieren. Entengeschnatter gibt es inklusive.
Pflichtbesuch in der Dorfschenke
Die Würstchen sind um 20.30 Uhr verzehrt Gestärkt nehmen wir die nächsten Etappen in Angriff. Am Ostufer entlang führt der Weg zurück in Richtung Friemersheim. Ein Abstecher in die Rheinauen soll die Tour abrunden. Doch zuvor ist noch ein Zwischenstopp geplant – beim sogenannten Dorf Friemersheim. Das komplette Ensemble mit Kirche und Lehrerhaus steht unter Denkmalschutz. Eine besondere Geschichte weist die alte Dorfschenke auf. Unter dem Dach des 1810 erbauten Gebäudes befand sich Deutschlands erstes Internetcafé. Ab 1994 standen hier drei Terminals zum Surfen bereit. Die Dorfschenke diente auch schon als Filmlocation. Helge Schneider drehte hier Szenen für seine Komödie „Jazzclub“. Für Fans des Komikers ist ein Halt bei der Dorfschenke also ein Muss.
Farbenspektakel am Himmel
Vom Drehort ist der Rhein nicht mehr weit entfernt. Obstwiesen und Hecken säumen den Fahrradweg. Wir finden eine Stelle, die genau gegenüber der rechtsrheinischen Hüttenwerke Krupp-Mannesmann liegt. Es folgt der Abstieg zum sandigen Ufer. Dort verfolgen Felix Molsner und seine Freunde den Sonnenuntergang. Die Clique trifft sich häufig am Rhein – mit Pils im Gepäck. Wir prosten ihnen mit unseren Bierflaschen zu und sprechen über den Ausblick. „Das ist ein herrlicher Ort hier“, sagt Felix Molsner. „Wir stören hier niemanden und uns stört auch niemand.“ Der 21-Jährige erhofft sich noch ein Spektakel. „Wenn sich bei einem Abstich der Himmel rot färbt, ist das schon ziemlich cool“, sagt der Rheinhauser. Wir warten, doch während unserer Zeit am Rhein wird keine Schlacke abgestochen. Trotzdem ist der Blick auf die Industriekulisse im Nachthimmel atemberaubend.
Kurz nach 23 Uhr verabschieden wir uns bei der Clique um Felix Molsner. Der Rückweg zur Fahrradstation führt vorbei am „Eiscafé Romeo“. Im Ladenlokal ist es dunkel. Am nächsten Morgen wird Gianantonio Saviane wieder hinter der Theke stehen – und Dolce Vita verkaufen.
Art | sportliche Tour |
Dauer | circa 5 Stunden |
Für | Fahrradfahrer, die gerne am Wasser unterwegs sind |
Parken | Bahnhof Rheinhausen, Parkplätze vorhanden |
Highlights | Eiscafé Romeo, Mühlenbergsee/Rumeln, Grillplatz am Toeppersee, Dorfkirche Friemersheim, Rheinaue mit Blick auf die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann |