Einsatz für mehr Nachhaltigkeit
Ein schriller Ton erfüllt die Werkstatt im Hochfelder City-Wohnpark. Er erinnert an das Geräusch einer alten Türklingel. Thomas Wagner schaut skeptisch drein. „Das hört sich nicht gut an“, sagt der 58-Jährige. In der Hand hält er einen Hochfrequenzstab. Ulrike Heinrich (54) hat das Allzweck-Kosmetikgerät mit ins Repair- Café gebracht. Sie hat es bei einem Antiquitätenhändler gekauft. „Der Stab dürfte vor mehr als neunzig Jahren hergestellt worden sein. Jetzt funktioniert er leider nicht mehr“, sagt sie. „Aber ich möchte ihn nicht so einfach in den Sondermüll geben.“
Reparieren statt wegwerfen
Ihr Ehemann Jörg Heinrich hatte die Idee, das Repair-Café des Duisburger Vereins Duisentrieb aufzusuchen. „Ich hoffe, dass das Team den Stab noch reparieren kann“, sagt der 52-Jährige. Und Thomas Wagner macht ihm Hoffnung. „Ich werde es versuchen“, sagt der gelernte Funkelektroniker. Dann greift er zu einem Messgerät und überprüft die Spannung.Ins Repair-Café kommen Besucher mit ihren defekten Toastern, Kaffeemaschinen, Küchenmixern, Bügeleisen oder CD-Playern. Sie setzen darauf, dass die Tüftler die technischen Geräte wieder ans Laufen bringen.
„Ich hoffe, dass das Team den Stab noch reparieren kann.“
„Wir nehmen alles an, was die Besitzer zu uns tragen können und keinen Verbrennungsmotor hat“, erklärt der Vereinsvorsitzende Oliver Jantz und ergänzt mit einem Lachen: „Einen Besucher mit einer Benzin- Kettensäge müsste ich wieder nach Hause schicken.“
Der 56-Jährige stammt aus Hamburg. In seiner neuen Heimat Ruhrort lernte Jantz den Gründer eines Repair-Cafés kennen. Ihm gefiel die Idee, mit Handarbeit den Elektroschrott zu reduzieren, und brachte sein Fachwissen mit ein. „Zu Beginn sind wir mit unserem Angebot durch Duisburg getourt“, erklärt der IT-Berater. Seit 2018 hat Duisentrieb einen festen Standort im City-Wohnpark. In der Hochhaussiedlung greifen die Teammitglieder zum Werkzeug, schrauben Gehäuse auf und zu, führen Messungen durch und löten Kontakte.
Wissensvermittlung als Chance
Beim Verein geht es aber nicht nur ums Reparieren. „Uns ist die soziale Komponente sehr wichtig“, betont Jantz. Er sieht das Repair-Café auch als gemütliches Treffen, bei dem sich die Besucher bei Kaffee und Kuchen austauschen. Außerdem bietet Duisentrieb regelmäßig Technikkurse für Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien an – alles läuft ehrenamtlich ab. „Wir wollen so versuchen, eine Chancengleichheit zu schaffen“, sagt Jantz.
Im Nachbarraum beugt sich sein Kollege Michael Drecker gerade über einen Staubsauger „Den habe ich vor der Tür gefunden“, sagt der 71-Jährige. „Ich kann nicht verstehen, dass den jemand entsorgen wollte. Da ist doch kaum was dran.“ Drecker sieht sofort, dass der Filter verstopft ist. Er nimmt sich Tücher und entfernt den Schmutz. Ganze fünf Minuten benötigt Drecker für die Aktion. Der Fuß des Staubsaugers sitzt noch locker. Doch auch dafür gibt es eine Lösung: Drecker nimmt zwei Holzstäbe, drückt sie an den Fuß, wickelt ein Klebeband darum – und schon passt wieder alles. Zum Schluss macht er noch einen Sicherheitstest. „Den Staubsauger haben wir vor dem Müll gerettet“, sagt Drecker.
Die letzte Hoffnung
Er hat auch schon schwierige Aufgaben gemeistert. So kam kürzlich eine Frau mit einem Wischroboter ins Repair-Café. „Der drehte sich nur noch um die eigene Achse“, berichtet Drecker. In einer Elektrowerkstatt hätte die Frau laut ihrer Aussage rund 700 Euro für die Reparatur zahlen müssen. „Das Geld hatte sie aber nicht“, sagt Drecker. Ihre letzte Hoffnung war das Duisentrieb-Team. Drecker stellte sich der Herausforderung, löste 40 Schrauben und nahm ein Zahnrad heraus. Dann sah er ein Büschel Hundehaare.
„Wir nehmen alles an, was die Besitzer zu uns tragen können und keinen Verbrennungsmotor hat.“
„Die haben den Motor blockiert“, sagt der Elektrotechniker. Er säuberte das Zahnrad, drehte die Schrauben wieder rein und übergab der Besucherin einen funktionsfähigen Wischroboter. „Die wäre mir beinahe vor Freude um den Hals gefallen“, sagt Drecker. Am Nachbartisch hat Thomas Wagner derweil die Ursache für den defekten Hochfrequenzstab gefunden. „Der Transponder funktioniert nicht mehr“, sagt der Experte. „Da müssen Sie ein Ersatzteil bestellen.“ Ulrike Heinrich nickt. „Das machen wir“, sagt sie. „Und dann bringen wir das Gerät beim nächsten Repair-Café gemeinsam wieder ans Laufen.“
Das Repair-Café im City-Wohnpark (Erdgeschoss in der Heerstraße 31, 47053 Duisburg) ist jeden dritten Freitag im Monat von 16 bis 19 Uhr geöffnet – außer an Feiertagen. Eine komplette Übersicht mit allen Angeboten des Vereins Duisentrieb findet sich unter: duisentrieb.de