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I love Marxloh

Führungen durch den Stadtteil

Regelmäßig führt er Touristengruppen durch die Straßen und Hinterhöfe, wo er selbst als Kind gespielt hat. Dass es dort schmuddelige Ecken gibt, leugnet er nicht. Aber er sieht ebenso die Dinge, die sich in Marxloh zum Positiven gewandelt haben. Das ist für auswärtige Besucher oft schwer zu erfassen, bis Mustafa Tazeoglu mit dem Finger darauf zeigt. Da ist die Weseler Straße, auf der sich Brautmodengeschäfte wie Perlen an einer Schnur aneinanderreihen. Tazeoglu nennt sie liebevoll „die romantischste Straße Europas“. Die größte Moschee Europas steht nur wenige hundert Meter entfernt. Als „Wunder von Marxloh“ lobten sie die Menschen, weil die Gemeinde sie ohne Proteste in enger Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft baute. Es sind jene Dinge, weswegen Mustafa Tazeoglu sagt: „Zuerst bin ich Marxloher, dann Duisburger, dann Türke und dann Deutscher. Am Ende ist Marxloh für mich meine Heimat.“ Aber so dachte der junge Mann nicht im­mer.

Zwiespältiges Verhältnis zu Marxloh

Zwiespältig — so beschrieb er lange sein eigenes Verhältnis zu Marxloh. Er habe sich hier nie unwohl gefühlt, war es aber irgend­wann leid, nur „der Türke“ zu sein. „Also dachte ich: ‚Scheiß auf Marxloh‘ — und bin nach dem Abi erst mal abgehauen.“ Tazeoglu reiste nach Frankreich, nach England, in die USA und die Türkei. Er studierte Betriebswirtschaft und half bei der Universiade in Izmir, den Olympischen Spielen der Studenten. Dort belustigte sein Akzent die Kollegen. „Du sprichst aber lustig Türkisch“, sagten sie. Für sie war er der Deutsche. „Da begriff ich, dass Marxloh meine Heimat ist. Heute lebt und arbeitet er in Marxloh - ans Wegziehen denkt er nicht. Stattdessen ergriff er die Initiative für seine Heimat. Er startete zusammen mit seiner Kollegin Christine Bleks (34) das Projekt „Tausche Bildung für Wohnen“. Bundesweit erregte es Aufmerksamkeit und man überschüttete es mit Förderpreisen.

Bildung als Tauschware

Die Idee ist so genial wie simpel. Der Verein, den Bleks und Tazeoglu 2011 gegründet haben, lässt junge Menschen kostenlos in Marxloh wohnen. Im Gegenzug verpflich­ten sich die sogenannten Bildungspaten, mit benachteiligten Kindern zu arbeiten. Sie helfen ihnen bei den Hausaufgaben oder unterstützen sie beim Deutschlernen. Für Mustafa Tazeoglu schließt sich hier ein Kreis. Ihm selbst half die Mutter eines deutschen Freundes als Jugendlicher bei den Hausaufgaben. Das Abitur schaffte er mit der Note 2,2. „Keine Ahnung, ob ich ohne die Hilfe in der Schule so erfolgreich gewesen wäre“, sagt er. Jetzt zahlt er mit seinem Engagement seiner Heimat das zurück, was sie ihm einst gegeben hat.

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